Internationales Produktmanagement: Anforderungen und Organisation

Autor on 9. September 2012 in Produktmanagement mit 0 Kommentare

Internationales Produktmanagement ist aus vielerlei Hinsicht eine extreme Herausforderung. Hier treffen die unterschiedlichsten Marktanforderungen, Wettbewerber, kulturelle Verhaltensweisen, Entwicklungs-/ Produktionsstandorte und Machtstrukturen im eigenen Unternehmen aufeinander. Für den international verantwortlichen Produktmanager verschärft sich die Situation additiv, da er in der Regel keine direkte Führungs- oder Geschäftsverantwortung hat und somit sein Durchsetzungsvermögen begrenzt wird.

Die Märkte divergieren in ihren Wachstumsperspektiven

Vereinfacht kann man sagen, dass heute der Weltmarkt  durch die beiden in etwa gleich großen Wirtschaftsblöcke Europa und Nordamerika dominiert wird. China wird in 10-15 Jahren das vergleichbare Niveau erreicht haben. Nicht übersehen werden sollten die südamerikanischen Länder wie Brasilien und Mexiko oder Indien und Russland.
Unser Heimatmarkt verliert leider schrittweise an Bedeutung, da das Wachstum in Europa eher niedrig bleibt. An USA führt auch in 10 Jahren kein Weg vorbei.
Typischerweise sind die Wachstumsraten in den Ländern besonders hoch, wo die Unternehmen mit ihren Produkten heute noch nicht so stark vertreten sind. Wollen Unternehmen am zukünftigen Marktwachstum partizipieren, so müssen sie in den jeweiligen Zielregionen und Wachstumsmärkten investieren. Demgemäß muss eine Produktmanagement-Organisation diese zukünftigen Märkte verstehen, diese entsprechend ihrer Bedeutung für das Unternehmen behandeln und in der Konsequenz globale Produkte schaffen.

Die Marktanforderungen müssen verstanden werden

Der amerikanische und der europäische Markt sind auf den ersten Blick sehr ähnlich. Schaut man genauer hin, so gibt es für die Produkte und das Produktmanagement gravierende Unterschiede. Automobile, die in Deutschland erfolgreich sind, werden deshalb nicht unbedingt in USA ein Erfolg und umgekehrt. Als Beispiel seien die Pickups und vice versa die Minis oder Smarts erwähnt. Auch das Investitionsverhalten ist in den USA ein anderes. Es gibt extrem innovative Bereiche, aber auch weite Bereiche, zu Beispiel in der Infrastruktur, in denen sehr wenig passiert. In der Kommunikations- und IT-Welt hingegen führt kein Weg an USA vorbei. Hier werden die Trends gesetzt. Ein Unternehmen wie SAP hat sukzessive sein Know-how technologischer Zukunftsthemen in den USA konzentriert. Ist USA für das Unternehmen ein strategischer Zielmarkt, so führt auch kein Weg an der Produktmanagement-Präsenz vor Ort vorbei.
Ein weiteres Thema ist China. Computertomographische Geräte, die perfekt den Anforderungen einer deutschen Klinik genügen, werden nicht unbedingt den Preis-/Leistungsvorstellungen in China entsprechen. Sie sind zu teuer und in der Funktionalität zu komplex.
Häufig wird auch aus Kostengründen vor Ort produziert, dann sollte aber die Produktstruktur auch Komponenten verwenden, die kostengünstig in China bezogen werden können, denn der neueste Intel-Prozessor hat überall auf der Welt den gleichen Preis. Eine Produktmanagement-Präsenz wird ebenso in China unabdingbar werden. Allerdings bleibt das Thema Schutz des eigenen Know-how kritisch.

Die Produktarchitektur ist der Schlüssel

Die heterogenen Marktanforderungen zeigen, dass die Erfolgschancen für ein Produktmanagement entscheidend durch die Produktarchitektur bestimmt werden. Meist sind die Produkte zunächst regional für den deutschen oder europäischen Markt konzipiert worden und sollen jetzt global vermarktet werden. Die Probleme, die hierbei entstehen sind vielseitig. Die nachträglichen Adaptionen werden in der Regel aufwendig. Hier spielt die Produktarchitektur die entscheidende Rolle, da die Anpassungen wirtschaftlich sein müssen. Quersubventionierung von Ländervarianten ist für den Produkterfolg und das Unternehmen auf längere Sicht äußerst schädlich. Mit aller Kraft gilt es, eine geeignete Produktarchitektur zu schaffen und zu erhalten. Die Vorteile zeigen sich dauerhaft bei den Kosten in der Entwicklung, Fertigung und Service sowie der damit verbundenen Geschwindigkeit in der Markteinführung. Ziel ist die Länderanpassung durch Konfiguration statt durch technische Variantenbildung.

Die Unternehmensorganisation will beherrscht sein

In der Regel gilt, dass je weiter der Zielmarkt entfernt ist, umso geringer ist das vorhandene Know-how. Noch schwieriger wird es, wenn die Region durch externe Partner und indirekte Vertriebskanäle repräsentiert werden, die primär eigene Interessen vertreten. Fehlt das eigene Marktwissen, so entstehen häufig „me too“-Produkte als zu spätes Nachahmen des regionalen Marktführers.
Zählen die Regionen zu den strategischen Märkten des Unternehmens, dann wird der Druck der vertrieblichen Kollegen aus Ländern wie den USA besonders groß. Für den Produktmanager bedeutet dieses, dass er ein adäquates Expertenwissen benötigt, die Beziehung zur Region pflegt und er eine ausreichende Rückendeckung in der Vertriebs- und Unternehmensleitung benötigt. Die Vernetzung des Produktmanager im Unternehmen ist ein entscheidender Erfolgsfaktor. Die Lösungen zum effektiven Produktmanagement mit Enterprise 2.0 und insbesondere mit Wikis leisten wertvolle Hilfe.
Neben den eigenen Produktmanagement-Kapazitäten in den Schlüsselländern werden auch in den weiteren Regionen Ressourcen vor Ort für Themen wie die Anpassung der Dokumentation, die technische Zulassung und die vertriebliche Markteinführung benötigt. Ohne Partner vor Ort wird man z.B. bei der Zulassung Schiffbruch erleiden.

Der organisatorische Lösungsansatz

Nach meiner Überzeugung kann es nur einen global verantwortlichen Produktmanager geben, der letztendlich die Verantwortung trägt. In den Schlüsselmärkten sollten Mitarbeiter des Produktmanagement präsent sein und die Interessen und Aufgaben eines Produktmanagement in der Marktbeobachtung, Anforderungserfassung und Markteinführung neuer Produkte vertreten. Diese „Länder“-Produktmanager dienen 2 Herren, geschäftlich der jeweiligen Region und aus Produktmanagement-Sicht dem globalen Produktmanager.
Mehrere gleichberechtigte „Länder“-Produktmanager in unterschiedlichen Regionen führen meist auch zu mehreren Produkten und Kanibalisierungseffekten, so dass dieses Modell auf Dauer wenig Sinn macht. Aus Produktsicht ist General Motors und Opel ein tragisches Beispiel.
In den Regionen ohne Produktmanagement sollten Ansprechpartner verfügbar sein, die sowohl vertrieblich wie technisch kompetent sind und entsprechend im Vertrieb integriert sind. Diese Kollegen übernehmen dann Produktmanagement-Funktionen als Add-on.

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