Die Herausforderungen des Product Owner in agilen Prozessen

Autor on 15. September 2013 in Produktmanagement mit 0 Kommentare

Wahrscheinlich hat jeder, der die Entstehung von Produkten auf Basis von agilen Vorgehensweisen und auf der Basis von klassischen meilensteinorientierten Prozessen gesehen hat, feststellen dürfen, dass das Herz  der Entwicklung eindeutig für die agilen Methoden schlägt. Für ein Entwicklungs-Team bedeutet agil die funktionsübergreifende Zusammenarbeit und somit die Chance über den Zaun zu schauen und zu gestalten. So spricht regelmäßig z. B. der Entwickler mit dem produktverantwortlichem Product Owner oder der Test-Verantwortliche direkt mit dem Software-Entwickler und jeder kann unmittelbar reagieren. Attraktiv ist natürlich die größere Kundennähe, die Kommunikation mittels anwendungsorientierter Use-Cases sowie die kurzen Entwicklungszyklen mit schnellen Realisierungserfolgen. Nicht zuletzt erhält der Entwickler die Chance bei der Produktgestaltung aktiv seinen Beitrag zu leisten. Insoweit werden die Ziele des Agilen Manifestes nach mehr Zusammenarbeit und schnellerer Reaktion auf Veränderungen vollständig erreicht und es spricht bei Software-Produkten vieles für eine agile Vorgehensweise.

Die Herausforderungen des Produkt Owner

Aus Sicht des Produktmanagement und Marketing ist die Rolle des Product Owner gerade in größeren Unternehmen und Projekten differenziert zu betrachten, da die Herausforderungen an die Person immens sind. Die wesentlichen Verantwortungen des Product Owner beschreibt Roman Pichler, einer der erfahrenen Verfechter des agilen Produktmanagement mit Scrum, in folgenden Bild:


Im Vergleich zum Produktmanager wird die Welt des Product Owner noch komplexer. Wie der Produktmanager vertritt er die Kunden bzw. die Marktseite, definiert die Produktanforderungen und klärt die Rahmenbedingungen mit dem Management. Er steuert das Geschäft mit Hilfe des Marketing-Mix im Produktlebenszyklus.
Die Tätigkeit des Product Owner fordert additiv die Wahrnehmung der entscheidenden Funktionen eines Projektmanagers. Die Entwickler erwarten die Präsenz des Product Owners im Entwicklungsprozess z. B. bei den Daily Scrums. Sie erwarten die Entscheidungskompetenz zu Budget-Fragen und zu Feature-Entscheidungen hinsichtlich des Product Backlogs. Dies ist bei größeren internationalen Unternehmen fast nicht lösbar, da der Spagat zwischen Außenorientierung und Innenorientierung, Markt und Technologie, unterschiedlicher Standorte oder Management und Team zur Überforderung führen kann. Insoweit sind die Beschwerden vieler Teams, die  ihren Product Owner bei den Daily Scrums vermissen, auch nicht überraschend.

Product Owner-Rolle aus Sicht Management und Entwicklung

Fragt man das Entwicklungs-Team, so wünscht es sich die jederzeitige physische Präsenz zu den Themen wie Priorisierung und Budget. Aus Sicht mancher Entwickler ist der geeignete Product Owner ein erfahrener Entwickler, der die Technologie in allen Dimensionen nachvollziehen kann und die Arbeitsmethoden der Entwicklung versteht und lebt. Akzeptiert werden auch Visionäre mit Budget und Flexibilität in der Feature-Diskussion.
Fragt man die Unternehmensleitung oder den Vertrieb, so liegt die primäre Aufgabe in allen Produktmarketing-relevanten Aufgaben. Gerade in größeren Unternehmen mit funktionalen Einheiten außerhalb der agilen Prozesse wie eventuell Service, Marketing, operativer Vertrieb, oder Logistik ist die Steuerungsfunktion des Produktmanagers unabdingbar. Aus Sicht des Managements gehen die Ergebnisse vor den Prozessen, die häufig als Mittel zum Zweck gesehen werden. Allerdings schaffen die gemachten negativen Erfahrungen mit Terminverzögerungen oder gescheiterten Projekten bei den klassischen Vorgehensweisen die Bereitschaft andere Wege zu gehen.

Voraussetzungen für den Erfolg des Product Owner

  • volle Rückendeckung durch das Management inklusive Akzeptanz des Konzeptes
  • Eindeutigkeit der Entscheidungskompetenzen wie Priorisierung und Budget
  • Klärung der Schnittstellen mit Funktionseinheiten außerhalb des agilen Prozesses
  • keine Produktentwicklungen mit starren Produktanforderungen, Zeitrahmen und Budgets
  • vertriebliches und technisches Know-how des Product Owner
  • Persönlichkeit des Product Owner mit Durchsetzungsfähigkeit und Teamfähigkeit
  • Qualifizierung des Product Owner als virtueller Unternehmer

Die Einführung eines agilen Produktmanagement muss eine Unternehmensentscheidung sein, da es sonst das Unternehmen an der Schnittstelle zum Vertrieb zerreißt. Die Technologie sollte von marktentscheidender Bedeutung sein. Starre Projekte wie öffentliche Ausschreibungen eignen sich eher nicht als agile Projekte, da hier die erforderlichen Freiheitsgrade nicht gegeben sind und kein Product Owner die wahrscheinlichen Zielkonflikte lösen kann. Kritisches Thema ist häufig auch die Budget-Frage, die häufig aus Product Owner-Sicht nicht befriedigend gelöst ist.

 Lösungsansätze Product Owner-Rolle

Beherrschbar ist die Aufgabenstellung in kleineren Unternehmen oder Startups. Hier sind die Projekte kleiner, die Zahl der Beteiligten aus unterschiedlichen Bereichen überschaubar und die Entscheidungswege kurz. Ressort-Egoismus ist eher unwahrscheinlich. In allen anderen Konstellationen gilt es nach Optimierungsansätzen für die Product-Owner-Rolle zu suchen.
In einer komplexen Organisation ist ein Ansatz der Aufbau einer Product Owner-Organisation mit mehreren Product Ownern für unterschiedliche Produkte / Projekte einer Produktfamilie vorstellbar. Die Product Owner vertreten dann einzelne Produkte oder auch Produktmodule bzw. Produktfunktionen. Führungstechnisch gibt es einen Leiter der Product Owner mit Budget-Verantwortung. Der Leiter der Einheit wird vermutlich auch eine größere Akzeptanz im Management haben.
Etwas einfacher wird die Welt für den Product Owner, wenn man das etwas engere Product Owner-Rollenverständnis der Scrum-Welt zugrunde legt. Scrum.org definiert das Management des Product Backlog als die zentrale Verantwortung für den Product Owner. Der Fokus liegt dann auf Produktvision/Roadmap, Backlog-Erstellung/Priorisierung und Budget-Bereitstellung. Der Product Owner übernimmt die Innenministerfunktion als Projektleiter mit geschäftlicher Kompetenz. Die Außenministerfunktion mit Präsenz im Vertrieb und Markt (gerade bei internationalen Unternehmen) übernimmt in diesem Fall ein Marktmanager oder auch Produktmanager. Dies setzt eine enge Abstimmung zwischen den Beteiligten voraus, am besten in einer gemeinsamen Product-Owner-Organisation mit gemeinsamen Chef. Störend in dieser Diskussion sind nur die Begrifflichkeiten von Product Owner und Produkt Manager.

Es bleibt in jedem Fall ein längerer Prozess bis sich ein agiles Produktmanagement etabliert hat und ein Product Owner die erforderliche Akzeptanz aller Beteiligten erreicht.

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