Blue Ocean Strategie: Mit Nutzeninnovation zu neuen Märkten

Autor on 6. Januar 2013 in Produktmanagement mit 2 Kommentare

Das Denken in Produkt- bzw. Wettbewerber-Benchmarks, in Funktions- und Kostenvorteilen sowie in Preis-/Leistungsdifferenzierung im Markt ist essentieller Bestandteil unserer täglichen Produktmanager-Tätigkeit. In einem reifen Markt führt dieses allerdings häufig nicht weiter und erzeugt typischerweise einen ruinösen Verdrängungswettbewerb mit permanenter Aktion und Reaktion. W. Cham Kim und Renee Mauborgne beschreiben diese Welt der etablierten Märkte mit eingefahrenen Verhaltensweisen als die Welt der roten Ozeane.
Es gilt nun nach neuen Wegen und Geschäftsmodellen einer intelligenten Diversifikation zu suchen. Die blauen Ozeane sind das Ziel. Blaue Ozeane stehen für neu geschaffene Märkte mit innovativen Lösungen, die über einen hohen Kundennutzen verfügen. Absprungbasis sind die bestehenden Produkte und Märkte. Gelingt dies, ist der Wettbewerb überschaubar und der Marktbedarf führt zu den gewünschten Unternehmenserfolgen.
Bekanntestes Beispiel für ein Unternehmen, das die Suche nach dem blauen Ozean erfolgreich abgeschlossen hat, ist Cirque du Soleil. Cirque du Soleil veränderte das Zirkus-Konzept radikal. Mit dem Zirkus ohne Tieren, musikalischer Unterhaltung und der Zielgruppe der kapitalkräftigen Erwachsenen revolutionierten sie erfolgreich die Zirkuswelt. Weitere Beispiele für Unternehmen, die diesen Weg beschritten, sind Starbucks, Nespresso, The Body Shop, die Billig-Flug-Anbieter wie Southwest Airlines oder der Weinproduzent Yellow Tail. Sie alle änderten in ihren etablierten Märkten das Angebot sowie die Spielregeln und schufen so neue prosperierende Geschäfte.

Gemeinsam haben die Unternehmen diese Aspekte:

  • es wurde neue Märkte geschaffen
  • der Konkurrenz wurde ausgewichen
  • eine neue Nachfrage wurde erschlossenen
  • der direkten Zusammenhang zwischen Nutzen und Kosten wurde ausgehebelt
  • das Gesamtsystems der Unternehmensaktivitäten wurde auf Differenzierung und niedrige Kosten ausgerichtet

Methodisches Vorgehen

Zur Blue Ocean Strategie gehört eine einfache methodische Vorgehensweise. Als Tools eingesetzt werden strategische Konturen, das Vier-Aktionen-Format und das ERSK-Quadrat.

Strategische Konturen

Hierzu wird zunächst das Marktangebot  in seine Branchen-/Leistungsstandards zerlegt. Dazu zählen auch die Alternativlösungen. Die Darstellung erfolgt dann in einer strategischen Kontur oder Wertekurve. Für den Markt von Southwest Airlines ergab sich dargestellt anhand der durchschnittlicher Fluggesellschaften und den Fahrten mit dem Auto :


(Quelle: W. Cham Kim und Renee Mauborgne)

Vier-Aktionen-Format und ERSK-Quadrat

Im nächsten Schritt zur Neudefinition des Leistungsangebotes sind vier Fragen (mit Aktionen) zu beantworten:

  1. Eliminierung: Welche Faktoren, die in der Branche als selbstverständlich betrachtet werden, können weggelassen werden?
    Die Nutzenerwartung der Kunden ändern sich oder Leistungen werden zur Selbstverständlichkeit, so dass einige Komponenten des Produktes eliminiert werden können und müssen.
  2. Reduzierung: Welche Faktoren müssen bis weit unter Branchenstandard reduziert werden?
    Zuviel Leistung ohne eine echte Differenzierung treibt die Kosten in die Höhe und kann die Kunden überfordern.
  3. Steigerung: Welche Faktoren des Produktes müssen über den Branchenstandard gehoben werden?
    Es geht um Leistungsoptimierung mit Differenzierungspotential.
  4. Kreierung: Welche Faktoren, die noch nie in der Branche angeboten wurden, müssen kreiert werden?
    Die Erfüllung der Erwartung von Nichtkunden oder das Angebot der Leistungen von Alternativlösungen können die Basis sein.
Mit Frage 1. und 2. werden die Produktkosten drastisch gesenkt und dienen der konsequenten Kostenoptimierung. Im Falle der Southwest Airline (siehe Abbildung) wurden die Leistungen Bordverpflegung, Lounges, Platzwahl und Hubs eliminiert oder deutlich reduziert.

Mit Frage 3. und 4. erfolgt die strategische Nutzeninnovation zur Schaffung des neuen Angebotes. Der Bezugspunkt ist nicht der Wettbewerb, sondern ausschließlich der Nutzen aus Kundensicht. Southwest investierte in den Service, die Schnelligkeit und die Verbindungsfrequenz.

Die geeignete Kombination aus Kostensenkung und Nutzenanreicherung erzeugt den Erfolg. Die Darstellung der Ergebnisse als Aktionen erfolgt im ERSK-Quadrat.
Die neue Strategie von Southwest bedeutete attraktive Preise und niedrige Reisezeiten durch eine hohe Verbindungsfrequenz und schneller Check-in.

Ausweiterung der Marktgrenzen

Der entscheidende Erfolgsfaktor für den Blue Ocean-Lösungsansatz ist die systematische Ausweitung der Märkte. Hierzu werden 6 Suchpfade verfolgt:

  1. Alternativbranchen
  2. Strategische Gruppen in der Branche
  3. Betrachtung Käufergruppen
  4. Komplementäre Produkte und Dienstleistungen
  5. Funktionale oder emotionalen Kaufmotive hinzufügen
  6. Nachhaltige Trends.

Im Falle von Southwest war die Betrachtung der Alternative und Konkurrenz ‚Fahrt mit dem Auto‘ für die Marktausweitung von besonderer Bedeutung. Die Analyse der strategischen Gruppen in der Branche zielt auf ein Aufbrechen der Marktsegmente. Beispiel ist Toyota mit Lexus, die ein Fahrzeug mit Mercedes- bzw. BMW-Qualität zum Preis eines niedrigeren Segmentes anbieten. The Body Shop und Swatch stehen für den Ansatz der funktionalen und emotionalen Kaufmotive. Diese Unternehmen fanden Ihren blauen Ozean durch Beseitigung aller kostenaufwendigen Maßnahmen zur emotionalen Kundenansprache und Perfektionierung der Produktions- bzw. Logistikprozesse. Die nachhaltigen Trends bieten die Chance gleiche Funktionen und Lösungen auf eine neue Art zu bieten. Apple mit iTunes als Substitution für den Kauf von CD’s ist hier ein Beispiel.

Implementierung der Blue Ocean-Strategie

Die Erarbeitung einer neuen Strategie, wie in der strategischen Kontur von Southwest (siehe oben) visualisiert, ist ein Aspekt, spannend ist die Umsetzung. Die möglichen Blockaden sind bestimmt durch eine fehlende Einsicht von Management und Mitarbeiter in den Handlungsbedarf, aber auch knappe Ressourcen und eine Unternehmenskultur, die Veränderungen verhindert.
Das Blue Ocean-Konzept verfolgt den Ansatz der Tipping-Point-Führung zur Überwindung der organisatorischen Hürden. Dazu gehört die Bewußtseinschaffung für den Handlungsbedarf durch das unmittelbare Erleben der negativen Realität für das Management. Im weiteren werden konsequent die notwendigen Ressourcen bereitgestellt durch Abziehen und Umlenkung aus anderen Bereichen. Jetzt werden Schlüsselpersonen mit Multiplikator-Effekt für die Motivation zur Veränderung im Unternehmen gewonnen und im letzten Schritt konsequent die politischen Hürden beseitigt. Schlussendlich gilt es, möglichst viele Mitarbeiter zu gewinnen.

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