Backlog, User Story und Co. – die halbe Miete für agile Sprints!

Autor on 29. Juni 2018 in Blogs, Enterprise 2.0 / Web 2.0

Produktentwickler kennen die Zehnerregel (rule of ten). Sie besagt, dass sich die Kosten für die Behebung unentdeckter Fehler im Laufe einer Produktentwicklung – von der Idee bis zum Kunden –  von Stufe zu Stufe der Wertschöpfung um den Faktor 10 erhöhen. Je früher also ein Fehler entdeckt und beseitigt wird, desto kostengünstiger ist dies für ein Unternehmen. Diverse Rückrufaktionen, wie z.B. die deutscher Automobilbauer, zeigen zumindest, dass an dieser Regel etwas dran sein muss.

Dabei ist die rule of ten nicht nur für klassische Wasserfall-Projekte reserviert, sondern gilt ebenso für agile Vorhaben, die z.B. nach der Scrum-Methode durchgeführt werden (siehe Abb.).

Abbildung: rule of ten auf Scrum übertragen

Scrum nutzt jedoch Praktiken, die aufgrund ihrer kundenzentrierten und feedbackorientierten Ausrichtung potenzielle Fehlerquellen frühzeitig aufdecken können (Product Backlog (Refinement), Sprint Backlog / Planning, Sprint, Daily Scrum, Sprint Review, Retro). Des Weiteren tragen der systematische Projektprozess sowie die klar beschriebenen und abgegrenzten Rollen (Product Owner, Scrum Master, Entwicklungsteam) dazu bei, dass Produktentwicklungsprojekte kommunikativ, interdisziplinär und für alle transparent ablaufen. In agilen Projekten wird der Arbeitsfluss häufig über sogenannte Kanban-Boards visualisiert und transparent gemacht. Hierzu bieten sich pragmatische Wandtafeln, Whiteboards oder Pinnwände an. Diese sind intuitiv und praktisch zu handhaben und sind jedem Projektmitglied präsent. Projektfortschritte können dokumentiert und kontinuierlich aktualisiert werden. Kanban-Boards werden so zu zentralen Anlaufstellen und dienen als zentrales Diskussionsmedium für regelmäßige Stand up-Meetings.

gaerner – Wandtafeln, Whiteboards, Pinnwände

Je disziplinierter und je intensiver die agilen Praktiken angewendet werden, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass Fehler frühzeitig aufgedeckt, vermieden bzw. rückgängig gemacht werden können.

Hier möchte ich drei wesentliche agile Praktiken vorstellen, die, falls richtig ausgeführt, zur Fehlervermeidung beitragen können:

  • Product Backlog,
  • Sprint,
  • User Story.

Product Backlog

Ziel: Der Product Backlog ist eine Art Themenliste. Hier sind Anforderungen in unterschiedlichen Reifegraden gesammelt. Die Anforderungen mit höchster Priorität stehen oben und müssen bestimmten Kriterien genügen. Diese Vorgehensweise ermöglicht ein rollierendes Planen und vermeidet, zu früh ins Detail zu gehen.

Voraussetzungen

  • Rolle (z.B. Product Owner) mit genügend Kapazität, um laufend am Backlog zu arbeiten und entsprechender Fachkompetenz oder Bereitschaft, diese in einem konsultativen Prozess einzuholen.
  • Bereitschaft des Managements (wenn vorhanden), sich auf ein Vorgehen ohne weit in die Zukunft terminierte inhaltliche Meilensteine einzulassen.

Durchführung

  • Stakeholder-Anforderungen sammeln (z.B. mit Personas)
  • Auf Projektbezug, Redundanzen und Widersprüche prüfen
  • Anforderungen als User Stories formulieren (siehe weiter unten)
  • User Stories priorisieren nach Rangfolge (nicht Prio A, B, C)
    (ROI = Nutzen / Aufwand, Muss-Anforderungen berücksichtigen)
  • Der Backlog wird nach Priorität von oben abgearbeitet

Sprint

Ziel: In der agilen Entwicklungsmethode Scrum wird mit dem Begriff „Sprint“ ein Projektprozess bezeichnet, bei dem innerhalb eines Vorgangs mit vorab festgelegter Dauer (Timebox-Prinzip) Anforderungen in ein Produktinkrement umgesetzt werden. Das Vorgehen in Sprints soll das Entwicklungsteam vor Störungen und Forderungen aus dessen Umwelt schützen und damit ein kontinuierliches und konzentriertes Arbeiten an dem ausgegebenen Sprint-Ziel ermöglichen.

Voraussetzungen

  1. Ein vorab definiertes Sprint-Ziel, welches das Vorgehen im Sprint leitet. Das Sprint-Ziel beantwortet die Frage nach dem Sinn des Produkt-Inkrements, das im Rahmen des Sprints erstellt wird.
  2. Eine Definition of Done, die beschreibt, welche Kriterien ein Inkrement am Ende des Sprints erfüllen muss, um fertig zu sein. Die Definition of Done wird gemeinsam im Scrum-Team festgelegt (siehe hierzu auch die User Story weiter unten).

Vorgehensweise

Das Scrum Framework sieht für Sprints eine feststehende Meeting-Chronologie vor:

  1. Im Sprint-Planning Meeting werden die Umsetzungsschritte für den nächsten Arbeitsabschnitt abgestimmt und das Sprint-Ziel festgelegt.
  2. In der eigentlichen Sprint-Phase (max. 4 Wochen) gibt es 15-minütige Daily Scrum Meetings, in denen zu Beginn oder am Ende eines jeden Tages der jeweilige Status quo kommuniziert wird.
  3. Am Ende des Sprints wird das erarbeitete Ergebnis präsentiert und gemäß der Definition of Done überprüft, ob das anvisierte Sprint-Ziel erreicht wurde. Die anschließende Sprint-Retrospektive dient dem zeitnahen Erfahrungsaustausch und der Diskussion von Verbesserungsvorschlägen.

User Story

Ziel: Eine User Story ist eine in Alltagssprache formulierte Anforderung. Sie ist bewusst kurzgehalten und umfasst in der Regel nicht mehr als zwei bis drei Sätze. User Stories werden im Rahmen der agilen Entwicklung (z.B. Scrum) zusammen mit Abnahmekriterien/ Definition of Done zur Spezifikation von Anforderungen eingesetzt. Dabei wird jede User Story auf eine Story Card geschrieben. Die User Story ist die wichtigste Methode, um ein agiles Projekt zu steuern.

Abbildung: Beispiel für eine User Story (Anwendung: trello)

Durchführung

User Stories werden in der folgenden Reihenfolge beschrieben: „Als [Rolle] möchte ich [Ziel/Wunsch], um [Nutzen].“

  1. Für Wen? Rolle
    Stakeholder, Zielgruppe, Persona
  2. Was? Ziel/Wunsch
    Inhalt, Funktion, Produkt, Service
  3. Warum? Nutzen
    Mehrwert für die Rolle

Abnahmekriterien / Definition of Done: Welches Inkrement, welche konkreten Ergebnisse müssen wie bis zum Review vorliegen?

Tipps und Tricks

User Stories können entweder formlos angelegt und auf Wandtafeln, Whiteboards oder Pinnwänden festgehalten werden oder unter Verwendung einer digitalen Vorlage (z.B. mit der Anwendung Trello) angelegt werden.


Die beschriebenen Praktiken stellen im Rahmen der Methode Scrum lediglich eine Auswahl agiler Werkzeuge dar, die einen effizienten Entwicklungsprozess und eine effektive Ergebnisfokussierung ermöglichen.

Wie immer freue ich mich über Eure Kommentare, wertvollen Erfahrungen und nützlichen Hinweise.

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